How-to: Storytelling für Onlineshops

How-to: Storytelling für Onlineshops

Storytelling ist und bleibt ein großes Thema im Online-Marketing. Gerade im Hinblick auf den Kampf um die besten Einkaufserlebnisse im E-Commerce wird das Buzzword immer und immer wieder strapaziert. Dabei ist oft nicht ganz klar, wer in welchem Zusammenhang eigentlich was unter Storytelling versteht. Und mancher Shopbetreiber fragt sich, warum so etwas für seinen Shop wichtig ist – und wie das dann eigentlich in der Praxis aussehen soll: Storytelling für Onlineshops. Wir geben in diesem Beitrag Antworten auf die zentralen Fragen rund um das Thema Storytelling im E-Commerce, beleuchten die Voraussetzungen und Potenziale dieser Marketing-Strategie und liefern schließlich eine Reihe von Beispielen für mögliche Anwendungsszenarien.

Was genau ist Storytelling?

Der Begriff ‘Storytelling’ scheint sich zunächst ganz einfach mit dem Wort ‘Geschichtenerzählen’ ins Deutsche übersetzen zu lassen. Aber dieser naheliegende Schritt führt bereits in die Irre. Im Storytelling, wie es in der Marketing-Welt aufgefasst und praktiziert wird, geht es nämlich zumeist längst nicht mehr um Geschichten mit Handlung und Figuren, mit Anfang, Spannungsbogen und Ende, die in irgendeiner Form (Text, Bild, Bewegtbild) durch einen mehr oder weniger deutlich in Erscheinung tretenden Erzähler präsentiert werden. Vielmehr wird die dem klassischen Ich-erzähle-dir-eine-Geschichte zugrunde liegende abstrakte Struktur, also das Knüpfen eines Zusammenhangs durch das Aneinanderreihen von Elementen als Storytelling bezeichnet, wie es dieser Blog-Beitrag ausführt. Damit muss aber nicht unbedingt eine chronologische Reihung gemeint sein. Vielmehr können letztlich die entferntesten Dinge auf eine bestimmte Weise arrangiert werden – und schon reden Marketing-Experten begeistert von großartigem Storytelling.

Menschen sind narrative Wesen

Längst nicht erst im Marketing, sondern bereits in diversen wissenschaftlichen Disziplinen hat sich in der Auseinandersetzung mit dem Erzählen, mit Narration eine Erkenntnis durchgesetzt: Das Erzählen muss gar nicht durch einen Märchenonkel, durch die Verfasser von Texten oder Autoren und Regisseure von Filmen geleistet werden, weil es sich – unter bestimmten Voraussetzungen – ganz automatisch, ja unweigerlich im Kopf der Hörer, Leser oder Betrachter abspielt. Denn Erzählen ist eine der ältesten Kulturtechniken, über die wir verfügen, und als solche sehr tief in unserer kulturellen DNA verankert. Kinder, die gerade dabei sind, sprechen zu lernen, beginnen sofort damit, zwei oder drei Worte in einer bestimmten Reihenfolge aneinanderzureihen, um sich mitzuteilen – und zwar lange bevor sie anfangen, Sätze zu bilden. Dass sie dabei – zumindest von den eigenen Eltern – verstanden werden, verdanken sie wiederum der Fähigkeit ihrer Gegenüber, die spärlichen (und wenig deutlichen) Bruchstücke erstens durch deren spezifische Reihung und zweitens vor dem Hintergrund eines bestimmten Kontextes, in einer Situation einzuordnen und daraus einen sinnvollen Zusammenhang herauszuhören. Es genügt demnach, dass uns jemand in der richtigen Weise ein paar Brocken hinwirft – die Geschichte dazu erzählen wir uns ganz einfach selbst.

Storytelling im Marketing

Nachdem Studien in unterschiedlichen Fachbereichen ergeben hatten, dass narrative Verfahren nicht nur im Hinblick auf die Kommunikation, sondern für die Interaktion des Menschen mit der Welt insgesamt (also auch für Wahrnehmung, Erkenntnis, Erziehung, Lernen) von kaum zu überschätzender Bedeutung ist, begann man sich auch im Marketing-Bereich sehr für Storytelling als Technik zu interessieren. Immerhin lassen sich Menschen durch das Spiel mit narrativen Verfahren in der Werbung ähnlich wie beim Einsatz von Emotionen auf einer sehr urwüchsigen Ebene ansprechen, während sich ein weites Feld von Möglichkeiten für die Anwendung des Prinzips Storytelling öffnet. Ausgewählte Elemente auf eine bestimmte Weise und in einem bestimmten Kontext so zusammenstellen, dass Menschen sich im Ausgang von diesen Anknüpfungspunkten automatisch selbst etwas über das Produkt erzählen (und sich dabei möglichst auch selbst von diesem Produkt überzeugen) – so funktioniert Storytelling im Marketing.

Das Potenzial von Storytelling im E-Commerce

Im E-Commerce ist Storytelling eine mögliche und viel diskutierte Technik für Emotional-Commerce, also die emotionale Ansprache von Kunden. Inzwischen wird von Branchenexperten einhellig die Meinung vertreten, dass im Schaffen von echten Einkaufserlebnissen im Internet eine der zentralen Herausforderungen für Onlinehändler besteht. Und zwar einerseits um sich im Wettstreit mit dem stationären Einzelhandel besser zu positionieren und andererseits um sich von konkurrierenden Shops abzuheben. Durch den Einsatz von Strategien, die auf Storytelling basieren, lässt sich die emotionale Ansprache von Kunden ausgesprochen gut realisieren – sei es mithilfe von wirkungsvollen Bildern, durch pointierte Texte, mitreißende Bewegtbilder oder eine Kombination unterschiedlicher Medien. Storytelling bietet damit unzählige Möglichkeiten für intelligentes Content-Marketing.

Storytelling und Ästhetik

Auf welcher Ebene – oder welchen unterschiedlichen Ebenen – die Kunden dann emotional angesprochen und dazu ermuntert werden, sich etwas über eine Marke oder ein Produkt zu erzählen, kann dabei stark variieren. So kann das Einbetten der angebotenen Produkte in einen Lifestyle-Kontext mithilfe von umfangreichem Content-Marketing beispielsweise für Mode der richtige Weg sein, um Kunden dazu zu bringen, sich für Produkte zu interessieren. Ein Großteil der Modefotografie funktioniert seit ihren Anfängen genau nach diesem Schema: Das Produkt wird in einem extrem positiv ästhetisierten Kontext abgebildet (attraktive und gut gelaunte oder wahlweise betont coole Menschen, schöne Umgebung, gutes Wetter) und legt den Betrachterinnen unmittelbar eine Erzählung nahe: “Wenn ich das kaufe und anziehe, sehe ich auch so schön aus und bin glücklich” (beziehungsweise: “… cool”). Wenn ein Shop aber ausschließlich neutrale, im Studio produzierte Produktbilder enthält, fehlen alle Anknüpfungspunkte für solche emotional grundierten Gedanken und Phantasien.

Storytelling und Werte

Aber auch in Bezug auf Storytelling als Marketing-Technik gilt: Ästhetik ist längst nicht alles. Denn gerade mit einem Unternehmen verbundene Werte wie Qualität, Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit lassen sich mithilfe der richtigen Strategie derart inszenieren, dass Shopkunden “ganz von allein” darauf kommen, sie mit den angebotenen Produkten in Verbindung zu bringen. In der richtigen Weise präsentiert, beeindruckt und überzeugt die traditionsreiche Geschichte eines Unternehmens, die verwegene Philosophie einer Marke, die transparente Herkunft der verarbeiteten Rohstoffe oder der interessante Fertigungsprozess der Produkte die Kunden des Shops. Wenn Informationen, Bilder und vielleicht sogar kleine Geschichten zu solchen Aspekten klug in den Shop integriert werden, bringen sie Kunden dazu, daran anknüpfend weiterzuerzählen: “Dieses Produkt verkörpert Werte, die mir am Herzen liegen; es passt zu mir – und wenn ich es kaufe, tue ich etwas Gutes.”

Storytelling für Onlineshops Infografik

Was braucht es für erfolgreiches Storytelling im E-Commerce?

Wer Storytelling im eigenen Onlineshop selbst als Marketing-Technik einsetzen will, braucht dazu neben der geeigneten technischen Infrastruktur vor allem eine klare und detailliert ausgearbeitete Strategie, hochwertigen Content und kluges Design.

Technische Voraussetzungen

Da es in jedem Shop Möglichkeiten gibt, um Inhalte zu platzieren und Content-Seiten anzulegen, ist auch in jedem Shop die Anwendung von Storytelling als Marketing-Instrument möglich. Wer dabei aufwendigeres Content-Marketing einsetzen will, sollte sich womöglich nach einer zusätzlichen Blog-Funktionalität umsehen. Unter dem Eindruck der wachsenden Bedeutung von Emotional-Shopping-Aspekten im E-Commerce integrieren die Hersteller der größeren Shopsysteme zunehmend entsprechende Funktionen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist Shopware mit den integrierten “Einkaufswelten”, denen wir bereits vor drei Jahren einen Blog-Beitrag gewidmet haben, und mit denen sehr vielfältige Anwendungsfälle komfortabel und sehr wirkungsvoll umgesetzt werden können. Auch Social Media lassen sich als Plattform für Storytelling nutzen, bedürfen jedoch anderer, auf intensive Interaktion ausgerichteter Ansätze.

Strategie, Content, Design

Die Strategie hinter dem eigenen Storytelling-Ansatz, der dafür zusammengestellte Content und das Erscheinungsbild für die Umsetzung im Shop müssen eine fein abgestimmte Einheit bilden. Am Anfang muss ein klares Konzept stehen, in dem festgehalten ist, auf welcher emotionalen Ebene das Storytelling ansetzen soll, welche Inhalte dazu benötigt werden und an welchen Stellen sie in welcher Weise in den Shop eingebunden werden sollen. Erst dann ist es sinnvoll – je nach Bedarf – Bilder, Filme, Texte zusammenzustellen oder eigens anzufertigen. Schließlich muss das Storytelling-Konzept mithilfe der Inhalte im Shop-Layout nicht nur unter gestalterischen Gesichtspunkten, sondern auch und vor allem im Hinblick auf die Nutzerführung und Bedienbarkeit umgesetzt werden.

Wie kann Storytelling für Onlineshops in der Praxis funktionieren?

In der Praxis können Storytelling-Kampagnen für Onlineshops sehr unterschiedlich ausfallen. Für einen kleinen Nischenshop für ausgefallene, handgearbeitete Wohnaccessoires aus eigener Produktion auf der einen und ein umsatzstarkes Shopping-Portal für Sportartikel auf der anderen Seite sind ganz unterschiedliche Ansätze zu wählen. Auf welcher Ebene das Storytelling jeweils stattfindet und mit welchen Mitteln dabei gearbeitet wird, hängt dabei maßgeblich von den angebotenen Produkten (beziehungsweise Marken) und der anzusprechenden Zielgruppe ab. Anhand einer Handvoll anschaulicher Beispiele für unterschiedliche Storytelling-Ansätze lässt sich die Bandbreite der Möglichkeiten aber recht gut darstellen. Wichtig ist dabei, dass deutlich wird: Storytelling ist nicht allein mit riesigen Budgets und der Unterstützung großer Kommunikationsagenturen möglich, sondern kann am Ende tatsächlich hausgemacht sein. Es muss nur sehr, sehr gut gemacht sein und dabei eben perfekt auf die Marke, das Sortiment und die Kunden abgestimmt sein. Storytelling muss authentisch wirken – aber niemals handgestrickt.

Lifestyle: Produkte im Kontext inszenieren

Insbesondere in den Bereichen Mode, aber auch für Lebensmittel, Schmuck, Uhren, Sportartikel, Möbel und anderes mehr bietet die gezielte Inszenierung der Produkte in einem Lifestyle-Kontext großartige Möglichkeiten für vielgestaltiges Storytelling. Hier kann schon mithilfe weniger – aber sehr hochwertiger – Bilder eine Atmosphäre geschaffen werden, die das Sortiment des Shops in ein völlig anderes Licht zu rücken vermag. Aber das ist erst der Anfang, denn durch umfangreiches Content-Marketing lässt sich die Zahl der möglichen Anknüpfungspunkte für Phantasien und Geschichten sowie damit verbundene Wünsche und Kaufentscheidungen enorm erhöhen. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür findet sich im durch einen Blog ergänzten Onlineshop von Kauf Dich Glücklich.

Storytelling Beispiel 1

Provenienz: Herkunft von Rohstoffen und Produkten nachzeichnen

Bei einer Vielzahl von Produkten ist es immer mehr Konsumenten nicht mehr gleichgültig, woher die verwendeten Rohstoffe stammen und unter welchen Bedingungen sie gewonnen und transportiert worden sind. Wer online zum Beispiel Bio-Textilien, Massivholzmöbel, bestimmte Nahrungs- und Genussmittel oder Produkte, die seltene, nicht nachwachsende Rohstoffe enthalten, anbietet, kann durch das transparente Nachzeichnen von Herkunft und Lieferwegen von Rohstoffen und Waren sehr viel Vertrauen aufbauen und diesen Vorschuss durch intelligente Nutzerführung in Verkäufe ummünzen. Zwei prominente Beispiele hierfür sind die Shops von Rausch (Schokolade und Pralinen) und Green Cup Coffee.

Storytelling Beispiel 2
Storytelling Beispiel 3

Produktion: Fertigungsprozesse erlebbar machen

Gerade wenn es um die Präsentation qualitativ besonders hochwertiger Artikel oder um individuell konfigurierbare und nach Kundenwünschen angefertigte Produkte geht, ist das Erlebbarmachen von Fertigungsprozessen ein hervorragendes Feld für wirkungsvolles Storytelling. Wer seinen Kunden anschaulich zeigt, wie ein Produkt entsteht, wie viel Know-how und wie unheimlich viele Handgriffe dahinterstecken, hat es leicht, sie damit an einen Punkt zu führen, von dem aus sie nur noch ein ganz kleiner Schritt vom tatsächlichen Kauf trennt. Und das gilt auch für sehr hochpreisige Produkte. Zwei sehr unterschiedliche aber gleichermaßen anschauliche Beispiele liefern die Onlineshops von Sioux (Schuhe) und deinSchrank.de (individuell gefertigte Möbel), im zweiten Fall sogar mit Bewegtbildern.

Storytelling Beispiel 4
Storytelling Beispiel 5

Historie: Unternehmensgeschichte erzählen

Unternehmen mit eigenem Shop, die auf eine besonders lange Geschichte zurückblicken, aber auch Onlineshops, die Produkte von solchen traditionsreichen Unternehmen im Sortiment haben, können daraus durch kluges Storytelling viel Kapital schlagen. Denn Solidität, Kontinuität und Erfahrung lassen sich in – möglichst reich bebilderten – Unternehmensgeschichten sehr anschaulich transportieren und werden in einer gelungenen Inszenierung von den Kunden sehr leicht auf die Produkte übertragen, denen dann entsprechend besondere Durabilität, Lebensdauer und Qualität zugeschrieben werden. Im Bereich Mode hat das Sportalm sehr eindrucksvoll vorgemacht.

Storytelling Beispiel 6

Integriertes Storytelling auf mehreren Ebenen

Die genannten Ebenen und Aspekte, die sich besonders gut für den Einsatz von Storytelling als Technik für wirksames Online-Marketing eignen, lassen sich nach Möglichkeit auch miteinander verbinden und verschränken. So hat die Firma Fairphone, die sich der Herstellung eines fair produzierten und nachhaltigen Smartphones verschrieben hat, ihren Onlineshop um Inhalte zu den Zielen und Werten des Unternehmens ergänzt, so dass nicht nur die Herkunft der Rohstoffe (Transparenz), sondern auch die Arbeitsbedingungen (Fairness) in der Produktion und die Besonderheiten des Produkts (Nachhaltigkeit) zu einer umfassenden “Story” rund um die Marke Fairphone verwoben werden.

Storytelling Beispiel 7

Ein letztes und sehr besonderes Beispiel für Storytelling auf mehreren Ebenen liefert der Manufactum Onlineshop, in dem Artikel angeboten werden, die sich oftmals seit Jahrzehnten besonders bewährt haben. Interessanterweise wird dabei jedoch gänzlich auf zusätzliche Bilder (oder gar Filme) verzichtet und ausschließlich konziser Text eingesetzt, um – so wie im Beispiel dieser Leinenbettwäsche – die Materialität des Produkts und die Geschichte des Herstellers als Ergänzung der Produktdetails zu einem ausgewogenen Narrativ von Tradition, Qualität und Komfort zu verbinden. Das ist dann beinahe schon wieder der Weg back to the roots of storytelling.

Storytelling Beispiel 8

Fazit

Storytelling als Marketing-Technik im E-Commerce kann auf mehreren Ebenen und mit sehr unterschiedlichen Mitteln betrieben werden. Ganz wichtig ist dabei, dass es im Marketing gerade nicht darum geht, ganze Geschichten zu erzählen (mit Helden, Spannungsbogen und allerhand mehr) – auch wenn das immer wieder behauptet wird. Das ist zu kompliziert, dauert zu lang und geht sicher schief. Vielmehr liefern Shopbetreiber ihren Kunden mithilfe von Storytelling lose, aber nicht zufällig drapiertes Material, also Inspirationen und Ansätze zu Rahmenerzählungen, den nötigen Stoff und die passenden Anknüpfungspunkte für je eigene Geschichten, in denen der Einkauf bestimmter Produkte im Shop ein zentrales Kapitel ist – und am Ende idealerweise zu einer wahren Begebenheit wird.

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