Was bedeutet die Geoblocking-Verordnung der EU für Onlineshops?

Was bedeutet die Geoblocking-Verordnung der EU für Onlineshops?

Am 3. Dezember 2018 tritt in der Europäischen Union die sogenannte Geoblocking-Verordnung in Kraft. Dieses Thema sorgt unter Shopbetreibern zunehmend für Unruhe. In Gesprächen mit Kunden konnten wir feststellen, dass die bevorstehende Änderung der Rechtslage bei manchem Händler für zahlreiche Fragen und ernsthafte Bedenken sorgt. Immerhin sieht die Verordnung vor, dass Onlineshops ihre Produkte künftig allen EU-Bürgern zu den gleichen Bedingungen anbieten müssen und automatisches Geoblocking nicht mehr ohne Weiteres einsetzen dürfen. In diesem Beitrag erklären wir, was genau die EU damit bezweckt, was sich dadurch konkret ändert und worauf die Betreiber von Onlineshops jetzt achten müssen, um die Geoblocking-Verordnung rechtssicher umzusetzen.


Schlechtes Timing

Zunächst ist zu betonen, dass das Timing für das Inkrafttreten der Geoblocking-Verordnung ausgesprochen ungünstig ist. Vielleicht ist der Zeitpunkt für die Einführung sogar das schlimmste an dieser Änderung der Rechtslage für Shopbetreiber in der EU. Mitten im Weihnachtsgeschäft haben Händler wahrlich anderes zu tun, als sich mit juristischen Detailfragen auseinanderzusetzen. Und nach dem rechtlich bindenden Inkrafttreten der DSGVO im Mai, dem EuGH Urteil zu Facebook Fanpages und der Ankündigung der Einführung des Verpackungsgesetzes zum 1. Januar 2019 ist eine weitere Änderung der Rechtslage auf europäischer Ebene so ziemlich das Letzte, was die E-Commerce-Community gerade auf ihren Wunschzettel setzen würde. Aber in zwei Wochen, mitten in der Adventszeit, kommt sie, die Geoblocking-Verordnung der EU.

Worum geht es bei der Geoblocking-Verordnung?

Geoblocking kennt jeder als Nutzer von Websites und Onlineshops: Bestimmte Inhalte und Seiten werden geblockt, während eine Benachrichtigung mit einem Hinweis auf die IP darüber informiert, dass der entsprechende Service „in diesem Land nicht verfügbar“ ist. Alternativ gibt es immer wieder auch automatische Weiterleitungen, durch die Besucher anhand ihrer IP-Adressen auf länderspezifische Seiten umgeleitet werden. Diese Formen von Geoblocking sind innerhalb der EU mit wenigen Ausnahmen künftig nicht mehr erlaubt.

Das Prinzip „shop like a local“

Immerhin, so argumentiert der Gesetzgeber, ermöglicht es die Freizügigkeit für Personen, Waren und Dienstleistungen zwischen den Mitgliedstaaten offline ja auch jedem EU-Bürger, in ein anderes Land zu fahren und dort einzukaufen. Das soll mit Inkrafttreten der Geoblocking-Verordnung im E-Commerce innerhalb der EU nun in Zukunft auch so sein: Wer in der EU lebt, soll in jedem Onlineshop der EU zu den gleichen Bedingungen einkaufen können. Und auch wenn es für einen Onlineshop länderspezifische Store Views oder Subshops gibt, dürfen Besucher nicht mit technischen Mitteln von bestimmten Angeboten ausgeschlossen oder automatisch auf alternative Seiten umgeleitet werden. Das gilt übrigens auch für Online-Marktplätze mit Sitz in der EU.

Was genau wird sich am 3. Dezember 2018 ändern – und was nicht?

Automatisches IP-basiertes Geoblocking wird innerhalb der EU, also für Besucher aus anderen EU-Mitgliedstaaten, in den meisten Fällen nicht mehr erlaubt sein. Eine EU Richtlinie, die bereits in dieselbe Richtung weist, gibt es bereits seit 2006 – aber mit der Geoblocking-Verordnung wird nun ganz klar geregelt, was erlaubt ist, und was nicht. In Deutschland wird sich die Bundesnetzagentur um die Durchsetzung der Verordnung kümmern und für Verstöße mit Bußgeldern bis zu 300.000 Euro drohen.

Kein automatisches Geoblocking innerhalb der EU

Einem Kunden aus Frankreich muss es nach dem Inkrafttreten der Verordnung beispielsweise möglich sein, in einem deutschen Shop einzukaufen – und zwar auch in der deutschsprachigen Oberfläche des Shops – selbst wenn es eine gesonderte Shopoberfläche für Kunden aus Frankreich gibt. Länderspezifische Seiten, Angebote und Preise sind damit ausdrücklich nicht verboten – aber findige Kunden aus anderen EU-Ländern dürfen nicht mehr automatisiert davon abgehalten werden, den Store View oder Subshop in einer anderen Sprache und möglicherweise mit günstigeren Preisen zu benutzen. Es besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit, Besucher per Einblendung um ihre Zustimmung für die Weiterleitung auf eine länderspezifische Seite zu bitten, wobei der Widerruf dieser Einwilligung durch den Nutzer jederzeit möglich sein muss. Zudem muss es dem Besucher auch nach der Zustimmung zur Weiterleitung ohne Komplikationen möglich sein, auf die Version des Shops, die er ursprünglich besuchen wollte, zuzugreifen. An dieser Stelle lässt sich allerdings fragen, ob der Begriff „Geoblocking“ hierfür noch passend ist, oder ob es sich dabei nur mehr um „Geonudging“ handelt.

Ausnahme: Rechtlich erforderliche Weiterleitungen

Eine Ausnahme vom Verbot automatischen Geoblockings bilden Weiterleitungen, die rechtlichen Erfordernissen geschuldet sind. Wenn das automatische Separieren der Besucher etwa aus Gründen des Jugendschutzes oder aufgrund von Werbe- beziehungsweise Vertriebsverboten für bestimmte Produktgruppen wie Nahrungsergänzungsmittel, Heilmittel oder E-Zigaretten vorgeschrieben ist, bleibt es auch im Rahmen der Geoblocking-Verordnung erlaubt. Auch die Buchpreisbindung darf nicht unter Hinweis auf die neue Verordnung unterlaufen werden. Die Gründe für solche Sperrungen, Weiterleitungen oder Beschränkungen müssen durch den Händler in diesen Fällen jedoch klar und deutlich kommuniziert werden. Und wenn in einem Shop sowohl Produkte mit als auch ohne entsprechende Beschränkungen angeboten werden, kann die technische Umsetzung der veränderten Rechtslage wirklich kompliziert werden.

Besteht jetzt ein EU-weiter Lieferzwang?

Angesichts dieser Ankündigungen befürchtet mancher Shopbetreiber, der nur nach Deutschland oder nur in ausgewählte EU-Länder liefert, künftig alle EU-Mitgliedstaaten als Lieferländer akzeptieren zu müssen. Aber ganz so radikal will die EU die Freizügigkeit dann doch nicht umsetzen. Denn nach einem Offline-Einkauf müssen Kunden ja auch selbst sehen, wie sie das in Dänemark gekaufte Geschirr oder die Terrakotta-Blumentöpfe aus der Toskana heil nach Hause befördert bekommen. Ungefähr so soll es auch in Onlineshops funktionieren.

Der Kunde bestellt – und kümmert sich um den Rest

Wer allen EU-Bürgern Bestellungen ermöglicht, muss damit nicht in alle Länder liefern. Er muss lediglich für eine Möglichkeit sorgen, dass der Kunde die Ware an eine selbst gewählten Adresse im Liefergebiet liefern lässt, von wo er sie selbst abholen oder (etwa durch eine Spedition) abholen lassen kann. Und da für Händler kein Lieferzwang in die gesamte EU besteht, müssen sie sich auch nicht um länderspezifische Einfuhrbedingungen kümmern. Wenn nun ein deutscher Kunde in einem portugiesischen Onlineshop Wein bestellt und die in Portugiesisch angezeigten Belehrungen darüber, dass er den Transport der Ware selbst organisieren muss, nicht versteht, ist das allein sein Problem. Shopbetreiber müssen jetzt also keineswegs Informationen zum Bestellablauf in allen in der EU gesprochenen Sprachen bereithalten. Wer in einer fremdsprachigen Shopumgebung einkauft, muss selbst sehen, dass er versteht, unter welchen Bedingungen er das tut. So wie im Urlaub auch.

Worauf müssen Shopbetreiber nun achten?

  1. EU-weite Rechnungsadressen akzeptieren
    Zwar müssen Händler mit Sitz in der EU Kunden aus allen Mitgliedstaaten Bestellungen ermöglichen; ein Vertragszwang besteht jedoch nicht. Das heißt, im Rahmen der Vertragsfreiheit können Shopbetreiber auch weiterhin selbst entscheiden, mit wem sie einen Vertrag abschließen möchten und mit wem nicht. Für die Praxis bedeutet das, dass im Shop Rechnungsadressen in der gesamten EU akzeptiert werden müssen.
  2. Keine abweichenden AGB ohne rechtliche Erfordernis
    Wichtig ist aber auch, dass es keine abweichenden AGBs für Kunden in Abhängigkeit von Nationalität, Wohnsitz oder Ort der Niederlassung geben darf – es sei denn, es liegen Vertragsrechtliche Unterschiede vor, die nicht auf EU-Recht, sondern auf noch nicht voll harmonisierten Bestandteilen des Vertragsrechts (zum Beispiel Gewährleistungsrecht) der jeweiligen Mitgliedstaaten basieren.
  3. Keine Diskriminierung im Payment
    Im Bereich Payment gibt es ein klares Diskriminierungsverbot. So ist es Shopbetreibern verboten unterschiedliche Zahlungsbedingungen „im Rahmen der von ihm akzeptierten Zahlungsmethoden aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden, des Standorts des Zahlungskontos, des Ortes der Niederlassung des Zahlungsdienstleisters oder des Ausstellungsorts des Zahlungsinstruments“ (Artikel 5, Absatz 1) zu definieren.
  4. Abweichende Lieferadressen zulassen
    Auch muss es im Checkout die Option geben, eine abweichende Lieferadresse anzugeben, damit Kunden die Möglichkeit haben, sich ihre Bestellung in ein anderes Land – zum Beispiel das Land, in dem der Shop seinen Sitz hat – liefern zu lassen und dort selbst abzuholen oder weitertransportieren zu lassen.
  5. Geoblocking abschalten oder einschränken
    Wenn mehrere Sprachversionen des Shops für unterschiedliche Länder betrieben werden und Geoblocking im Einsatz ist, müssen Shopbetreiber zunächst feststellen, ob diese Weiterleitungen – etwa im Hinblick auf den jeweils länderspezifischen Jugendschutz – rechtlich erforderlich sind. Falls nicht, müssen die automatischen Weiterleitungen oder Sperren entfernt werden. Wer Kunden weiterhin im Rahmen der geänderten rechtlichen Bestimmungen eine Weiterleitung nahelegen will, muss dafür eine entsprechende Möglichkeit für Opt-in und Opt-out bereitstellen, die den oben beschriebenen Kriterien für rechtlich unbedenkliches „Geonudging“ entspricht.
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