Was ändert sich 2024 rechtlich für Shopbetreiber?
Im Jahr 2024 wird es für Shopbetreiber wieder eine ganze Reihe von rechtlichen Änderungen geben. Bereits zum 1. Januar treten neue gesetzliche Regelungen mit Auswirkungen für den E-Commerce in Kraft. Wann in den folgenden Monaten welche zusätzlichen Änderungen kommen werden, steht bislang noch nicht abschließend fest. Aber allemal absehbar ist, dass sich allerhand ändern wird. Wir fassen den aktuellen Stand zu den rechtlichen Rahmenbedingungen im E-Commerce zusammen.
Inhaltsverzeichnis
1. Januar 2024: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Einwegkunststofffondsgesetz und mehr
Erweiterter Geltungsbereich für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Nachdem das der Einfachheit halber auch bisweilen als „Lieferkettengesetz“ bezeichnete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) 2023 bereits für Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitern in Kraft getreten ist, gilt es ab dem 1. Januar 2024 bereits ab 1.000 Beschäftigten. Alle betroffenen Unternehmen müssen ihre Lieferketten auf mögliche Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen Umweltrecht überprüfen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen ergreifen. Im deutschsprachigen E-Commerce gibt es allerdings kaum Onlinehändler, die auf vierstellige Mitarbeiterzahlen kommen.
Einwegkunststofffondsgesetz
Das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) soll einen wichtigen Schritt gegen die Umweltbelastung durch Plastik markieren. Mit diesem Gesetz verpflichtet der Gesetzgeber Hersteller zur finanziellen Beteiligung an der Beseitigung von Einwegkunststoff. Entsprechende Abgaben gelten ab 1. Januar 2024 für spezifische Produkte wie leichte Kunststofftragetaschen, Behälter für To-go-Speisen oder -Getränke und Tabakfilter. Aber auch für Händler gibt es in diesem Zusammenhang neue Pflichten: Sie müssen dafür Sorge tragen, dass sie künftig nur noch Produkte von Herstellern, die beim Umweltbundesamt registriert sind, anbieten. Hier sollten Shopbetreiber also sehr genau hinschauen.
Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Ebenfalls ab dem 1. Januar 2024 wird das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wirksam. Das Ziel dieses Gesetzes liegt darin, eine klare und transparentere Rechtslage für Personengesellschaften zu schaffen, ohne in Form einer allgemeinen Eintragungspflicht Zwang auszuüben. Relevant ist das insbesondere für GbRs, die künftig die Möglichkeit haben, sich in ein spezielles Gesellschaftsregister einzutragen, um als „eGbR“ zu firmieren. Änderungen ergeben sich daraus auch für KGs, GmbHs und OHGs. Womöglich sollte sich mancher Onlinehändler mit den neuen rechtlichen Möglichkeiten auseinandersetzen.
Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes
Mit dem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes soll die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen gefördert werden, um ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu verbessern. Chancen von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen („ersten“) Arbeitsmarkt sollen erhöht und die Zahl der Beschäftigten in Werkstätten für behinderte Menschen („zweiter Arbeitsmarkt“) reduziert werden. Arbeitgeber sollen ab 1. Januar 2024 stärker in die Verantwortung genommen werden, wenn es darum geht, die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu erleichtern. Auch diese Änderung sollten Shopbetreiber im Blick haben.
Pfandpflicht für Milchgetränke laut Verpackungsgesetz
Ebenfalls ab dem 1. Januar 2024 wird laut Verpackungsgesetz (VerpackG) eine Pfandpflicht für Milchgetränke mit einem Milchanteil von mindestens 50 Prozent in Einwegflaschen aus Kunststoff eingeführt. Damit fällt eine bislang gewährte Ausnahme von der Pfandpflicht weg. Onlinehändler, die entsprechende Produkte im Sortiment haben, müssen nicht nur die Systembeteiligungspflicht beachten, sondern in ihren Shops in Zukunft auch den Pfandpreis für diese Produkte angeben.
18. Februar 2024: EU-Batterieverordnung
Ab dem 18. Februar 2024 gilt die bereits im August 2023 in Kraft getretene Verordnung zur Änderung der Regelung über Batterien und Altbatterien (2023/EU/1542) in der gesamten Europäischen Union. Davon betroffen sind Händler, die Batterien verkaufen oder Geräte, die Batterien enthalten, im Sortiment haben. Die neue Verordnung verschärft die bislang geltenden Anforderungen im Hinblick auf Rücknahme und Recycling sowie Produktqualität. Zudem werden darin umfangreiche Informations- und Aufklärungspflichten definiert.
14. Mai 2024: Aus TMG wird DDG und aus TTDSG wird TDDDG
Im Mai passt der Gesetzgeber das inzwischen ziemlich angestaubte Wording in zwei für den Online-Bereich wichtigen Gesetzen an, um dem Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union zu entsprechen. Sowohl im Telemediengesetz (TMG) als auch das „Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien“ (Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz – TTDSG) wird der veraltete Ausdruck „Telemedien“ durch „digitale Dienste“ ersetzt.
Das TMG wird in „Digitale-Dienste-Gesetz“ (DDG) umbenannt. Wer in seinem Impressum ausdrücklich auf das TMG hinweist, muss an dieser Stelle künftig das DDG nennen. Gleichzeitig wird aus dem TTDSG das „Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei digitalen Diensten“ (Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz – TDDDG). Wer in seiner Datenschutzerklärung auf das TTDSG verweist, muss hier also in Zukunft das TDDDG nennen.
Das macht die ganze Angelegenheit zwar auch nicht weniger kompliziert – aber immerhin klingt „digitale Dienste“ nicht mehr ganz so altbacken wie „Telemedien“. Die geänderte Bezeichnung zieht sich dann auch durch den gesamten Text des DDG und des TDDDG; inhaltlich wird es in diesem Zuge jedoch keine Änderungen geben.
Möglicherweise 2024: EU-Verpackungsverordnung, Ökodesign-Verordnung und mehr
EU-Verpackungsverordnung
Derzeit arbeitet die EU-Kommission an einer Neufassung der Vorschriften für Verpackungen und Verpackungsabfälle. Dabei verfolgt sie vor allem drei Ziele: die Reduzierung des Verpackungsabfalls, die Förderung der Kreislaufwirtschaft und die Nachschärfung der Recyclingziele. In diesem Zusammenhang wird auch der E-Commerce ausdrücklich erwähnt. So soll es in Zukunft konkrete Vorgaben für den Umgang mit Transportverpackungen geben. Onlinehändler sollten also genau beobachten, was auf EU-Ebene im Bereich Verpackungen möglicherweise schon 2024 auf sie zukommt.
Ökodesign-Verordnung
Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich auf Vorschlag der EU-Kommission inzwischen auf eine gemeinsame Position zur Ausgestaltung einer Ökodesign-Verordnung geeinigt. Die neue Verordnung soll Vorgaben für Produkte im Hinblick auf Reparierbarkeit, Lebensdauer und Recyclingfähigkeit definieren. Diese Maßnahmen zielen nicht nur auf Nachhaltigkeit ab, sondern sollen auch die Innovationskraft der Industrie in der EU stärken. Die Ökodesign-Verordnung soll ein Schlüsselelement des „EU Green Deal“ darstellen und baut auf der bestehenden Ökodesign-Richtlinie auf, die bereits 2021 für Einsparungen bei den Energieausgaben und einen geringeren Energieverbrauch eingeführt wurde. Mit Blick auf ihre Onlineshops und das große Thema Nachhaltigkeit im E-Commerce müssen Shopbetreiber im Blick behalten, was sich in Bezug auf Ökodesign auf EU-Ebene im Lauf des Jahres 2024 tut.
Einwilligungsverwaltungsverordnung
Nachdem im Dezember 2021 das TTDSG in Kraft getreten ist, um den Einsatz von Cookies in einem Gesetz gebündelt zu regeln, soll künftig ein darin noch wenig konkret ausformulierter Aspekt eindeutiger geregelt werden: Die Einwilligungsverwaltungsverordnung (EinwV) soll eine klare rechtliche Grundlage für nutzerfreundliche und wettbewerbskonforme Verfahren zur Einholung und Verwaltung von Einwilligungen (Consent) bieten. Wer in seinem Onlineshop Cookies und eventuell bereits ein Personal Information Management-System (PIMS) einsetzt, sollte auch dieses Thema aufmerksam weiterverfolgen.
Überlegungen zur Abschaffung der OS-Plattform
In der EU-Kommission wird aktuell laut über die Abschaffung der Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) nachgedacht. Hintergrund ist die offenbar sehr geringe Resonanz für dieses Angebot. Sollte die Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten noch rechtzeitig entsprechend angepasst werden, können Shopbetreiber unter Umständen noch im Jahr 2024 den OS-Link wieder aus dem Impressum ihres Shops entfernen.
Neuregelung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Bereits kurz vor der Verabschiedung steht eine gesetzliche Grundlage zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland. Es ist damit zu rechnen, dass sie noch im Jahr 2024 in Kraft treten wird. Das entsprechende Gesetz soll eindeutige Richtlinien für die Erfassung von Arbeitszeiten festlegen und damit Rechtssicherheit schaffen, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber – und natürlich auch im E-Commerce.
Wachstumschancengesetz
Das von der Bundesregierung geplante Wachstumschancengesetz hat die Stärkung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland zum Ziel und ist damit auch für zahlreiche Onlineshops relevant. Das Gesetz soll für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen sorgen, Steuervereinfachungen bieten und Steuerschlupflöcher schließen. Für die Steuererklärung 2024 könnte das schon so manche Änderung bedeuten.
Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel
Das geplante Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel soll Kinder vor gesundheitlichen Risiken schützen und Eltern entlasten, indem für die Ernährung von Kindern eine bessere Umgebung geschaffen wird, um ihre Gesundheit langfristig zu fördern. Je nachdem, wie genau diese Regelung ausgestaltet wird, könnte sie auch Auswirkungen auf das Marketing des einen oder anderen Onlinehändlers haben.
Ausblick 2025
Bereits jetzt zeichnen sich die ersten rechtlichen Änderungen für das folgende Jahr ab. Ein ganz großes Thema für 2025 wird die Barrierefreiheit.
Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung
Eine grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung im B2B-Bereich soll ab 1. Januar 2025 gelten. Aufgrund des hohen Aufwands für die Umsetzung durch die Unternehmen sind jedoch Übergangsregelungen bis 2027 vorgesehen.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Am 28. Juni 2025 wird das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) rechtlich bindend in Kraft treten. Für Produkte und Dienstleistungen fördert dieses Gesetz die gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen und älteren Menschen. Mit dem BFSG wird die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, EAA) umgesetzt. Onlinehändler sollten bereits 2024 daran gehen, die entsprechenden Anforderungen in ihren Shops umzusetzen.
Die kommenden Jahre versprechen noch weitere zusätzliche Änderungen in der europäischen Wirtschaft. So ist mit der Verbraucherkreditrichtlinie geplant, Bonitätsprüfungen für den Kauf auf Rechnung einzuführen. Angesichts der Vielzahl an rechtlichen Neuerungen sollten Unternehmen alle Vorgaben genau im Blick behalten und sich am besten durch den Händlerbund rechtlich absichern, um in dieser dynamischen Landschaft so gut wie möglich geschützt zu sein.
Fazit
Auch wenn die seit vielen Jahren vorbereitete E-Privacy-Verordnung der Europäischen Union weiterhin auf sich warten lässt, wird das Jahr 2024 für viele Shopbetreiber eine Vielzahl an kleineren rechtlichen Änderungen mitbringen. Auf EU-Ebene nimmt derweil die ambitionierte europäische Strategie zum Umgang mit Daten und KI weiter Gestalt an – und es wird sich zeigen, ob und in welcher Form sich die damit verbundenen Neuerungen im E-Commerce niederschlagen. Ebenfalls noch ungewiss ist, wie lange die transatlantische Rahmenvereinbarung über die Übertragung personenbezogener Daten aus der EU in die USA, die im Sommer 2023 auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden ist, diesmal bestehen bleibt. Max Schrems hat bekanntlich umgehend dagegen geklagt.
Grundsätzlich gilt: Neben der Gesetzgebung ist immer auch die aktuelle Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene wichtig. Es ist davon auszugehen, dass auch das kommende Jahr so manches aufsehenerregende und folgenreiche Urteil bringen wird – vielleicht sogar „Schrems-III“? Händlern empfehlen wir an dieser Stelle daher einmal mehr, sich juristisch beraten zu lassen, um auch im Jahr 2024 die Rechtssicherheit ihrer Onlineshops aufrechterhalten zu können.